Protokoll  zum 159. interdisziplinären Onkologischen Kolloquium am 13.01.2010

Johanniter - Krankenhaus Genthin - Stendal gGmbH

 

 

1. Diskussion der letzten Sitzung: keine Ergänzungen

 

2.  Prof. Mawrin, Neuropathologie Univ. Magdeburg:
ZNS-Tumoren: Von der Morphologie zur Molekularbiologie:

 

Herr Mawrin erklärt zunächst verschiedene Einteilungsschemata für ZNS-Tumoren. Die Einteilung von Bailey und Cushing von 1926 geht von einer medullären Epithelzelle aus. Von dort gibt es 5 Differenzierungsstränge, einer zum Chorionepithel, einer zum Pinealisparenchym, zum Spongioblasten, zum Medulloblasten und zum apollaren Neuroblasten. Durch weitere Aufspaltung lassen sich alle Hirntumoren logisch ableiten. Nach Vorstellung von Ringer 1950 münden Astrozytome, Oligodendrogliome und Ependymome bei weiterer Entdifferenzierung alle im Glioblastoma multiforme. Die gültige WHO-Einteilung verwendet ein anderes Schema: Es werden zunächst Entitäten definiert. Das sind Glioblastom, Meningiom und Medulloblastom. Innerhalb dieser Entitäten gibt es Varianten, z.B. das Glioblastom mit Riesenzellen oder ein rhabdomyoides Meningiom. Ferner gibt es bestimmte Wuchsmuster, wie z. B: ein Glioblastom mit oligodendroglialer Komponente oder ein kleinzelliges Glioblastom. Bei der Feingliederung der ZNS-Tumoren ist bemerkenswert, dass einige Unterteilungen in identischem biologischem Verhalten münden, andere wiederum lassen sich  molekularbiologisch weiter differenzieren. Zum Beispiel haben das Glioblastom mit Riesenzellen und das Gliosarkom ein  gleiches biologisches Verhalten. Das Glioblastom mit oligodendroglialer Komponente hat dagegen eine deutlich bessere Diagnose als der Durchschnitt der Glioblastome. Eine besondere Bedeutung hat der MGMT-Methylierungsstatus. Mit der Methylierung wird ein spezielles Gen ausgeschaltet. In diesem Fall ist es ein Reparaturgen, welches die Tumorzellen unempfindlich gegen eine Therapie, z.B. mit Temodal macht. Es konnte von Hegi. et al gezeigt werden, dass die Prognose unmethylierter MGMT- Fälle deutlich schlechter ist und auch durch eine Radio –Chemotherapie kaum verbessert werden kann. Die Einzelheiten der Bestimmung des MGMT – Status werden beschrieben. Inzwischen sind eine ganze Reihe von zytokingesteuerten Targets entdeckt worden, die Möglichkeiten für Target - Therapien eröffnen. Die bisherigen Studien waren bisher jedoch nicht von größeren Erfolgen gekrönt.  Cilengitide ist ein Inhibitor von ανβ3Integrin und blockiert  Angiogenese und Tumorwachstum. Im Rahmen einer Studie wird der Effekt bei Glioblastomen erforscht. Es werden allerdings nur die ohnehin günstigen MGMT-methylierten Fälle eingeschlossen. Für die übrigen gibt es eine Studie mit Temsirolismus und Strahlentherapie. 

Abschließend fasst Herr Mawrin die Regeln zur Asservierung von ZNS-Tumormaterial zusammen. Es sollten möglichst mehrere Gewebestücke in Paraffin eingebettet werden. Diese dienen der normalen Histologie und verschiedenen immunhistochemischen Untersuchungen. Kryomaterial ist erforderlich für molekularbiologische Untersuchungen. RNA-fixiertes Material ist zur Erforschung der Genexpression notwendig. Zusätzlich wird vom Patienten eine Blutprobe benötigt, um Referenz-DNA für bestimmte Chromosomenveränderungen zu haben.

In der Diskussion werden weitere biologische Details zu Gliazellen und deren Entwicklung vertieft.

 

 

Die Fallbesprechungen waren alle Fälle unseres Hauses und sind über SAP einsehbar. Aufgrund zahlreicher Vorschläge aus dem Auditorium wird die nächste Sitzung nicht am 10.02.2010 sondern mit Rücksicht auf die Winterferien am 17.02.2010 stattfinden. PD Mohren wird über die Therapie der Non-Hodgkin-Lymphome berichten.

 

 

 Prof. Dr. med. J. Bahnsen