Protokoll zum 113.
interdisziplinären Onkologischen Kolloquium am 12.04.06,
Konferenzraum der Klinik für
Radioonkologie
Johanniter - Krankenhaus der Altmark in Stendal gGmbH
Klinik für Radioonkologie, Klinik für Allgemein- und
Viszeralchirurgie,
Klinik für Radiologie, Klinik für Innere Medizin I -
Gastroenterologie, Klinik für Urologie,
Verteiler: CA
Prof. Dr. Bahnsen, OÄ Dr. Borschke, Frau Dr. Weinstrauch, Radioonkologie
CA Dr. Henschen, OA Dr. Richter - Mendau,
OA Dr. Neumann, Dr. El-Sharafi,
Fr. Koberstein, Frau Dr. Ruth, Frau
Rosenthal, Fr. Zirkenbach, Gynäkologie und Geburtshilfe
OA Friedrichs , OÄ Dr. Elsner, Dr.
Hoffmann, Herr Totonji, Allgemein- und
Viszeralchirurgie
CA Dr. Trusen, OA Dr. Neubauer, OA
Dr. Genz, Dr. Rungenhagen, Klinik für Radiologie
CA Dr. Kühn, Frau OÄ Dr. Murr, Dr. Kramer, Dr.
Mukbel, Dr. Albrecht, Klinik für
Urologie
CA PD Dr. Bleck, OÄ Fr. Dr. Müller,
OA Dr. Hendrich, Dr. Schober, Frau Loß, Herr Männche, Innere Medizin I
CA Dr. Benthien und Mitarbeiter, Orthopädische Klinik
PD Dr. Pollak, Frau Dr. Lüders,
Praxisgemeinschaft Pathologie
Fr. Dr. Göke, Nuklearmedizin
CA
Dr. Müller, OA Dr. Szmaglinski, OÄ
Poschmann, Klin. Salzwedel, Gynäkologie und Geburtshilfe
CA
Dr. Roth, Klin. Salzwedel, Innere
LOA
Dr. Luck, Altmarkklinikum Salzwedel, Chirurgie
CA
Dr. Becker, Altmarkklinikum Gardelegen, Gynäkologie u. Geburtshilfe
Frau
Schenk, Winckelmann - Apotheke Stendal
1. Diskussion der letzten Sitzung: Keine
Ergänzungen/Korrekturen
2. Kurzer Bericht vom Krebskongress in
Berlin
2.1. Fr.
Dr. Weinstrauch:
Klinische Bedeutung der
Neuropathologie:
Ornithylguanin – Methyltransferase
ist ein DNA-Reparaturenzym. Dieses Enzym verhindert eine fehlerhafte Alkylierung
des Guanins. Falls dieses Enzym fehlt, findet die Reparatur nicht statt, so
dass die Replikation verhindert wird. Die Störung des Methylguanin
– Methyltransferase (MGMT) –
Mechanismus unterstützt die Tumorentstehung. Dieses Enzym kann die alkylierende
Wirkung von Chemotherapeutika zunichte machen. Durch den Funktionsverlust dieses Enzyms kann die Wirkung von alkylierenden Substanzen, wie z. B. Temodal, bei Gliomen verbessert werden. Die Induktion von Methylguanin - Methyltransferase durch
Dexamethason im In vitro - Versuch in 4-Zell-Linien (ACNU allein, Dexamethason
allein und ACNU + Dexamethason) führt zur Resistenzbildung gegen ACNU (UEDA et
al., J. Neurosurg. 2004).
Von Esteller et al. (NEJM) wurde
2000 eine Studie publiziert, in der 47 Patienten mit Glioblastomen auf Hypermethylierung des Enzyms untersucht wurden. In dieser Studie hatten
Patienten mit Hypermethylierung des
Enzyms eine längere Überlebenszeit
sowie eine längere krankheitsfreie Überlebenszeit. Die Hypermethylierung von Ornithylguanin
– Methyltransferase scheint ein
stärkerer prognostischer Marker zu sein als Alter, Karnofsky - Index oder
Tumorgröße.
Von Paz et al. (Clinical Cancer
Research 2004) wurden 92 Patienten auf Hypermethylierung untersucht. 66,7 % der
Patienten wiesen eine Hypermethylierung auf hatten nach BCNU , Temodal oder Procarbazin
eine komplette bzw. partielle Remission.
Hegi et al. (Clinical Cancer Research
2004) veröffentlichten eine Phase II –
Studie mit 38 Patienten. Nach Operation und Radiotherapie mit Temodal wurde ein
18monatiges Überleben von 62% erzielt, nach Operation und Temodal nur 8 % (P = 0,0051). In dieser Studie war auch im MGMT
- Methylierungsstatus der einzige signifikante unabhängige Praediktor (P=0,017)
für das längere Überleben.
Die EORTC – Studie
26981-22981 untersuchte die Behandlung von Gliomen mit Temodal und
Radiotherapie. Innerhalb von 2 Jahren starben 46 % der Patienten mit Methylierung.
Die Deletion 1p und 19q führt zum Verlust von ca. 2000 Genen. Ca. 80 % der
oligoastrozytären und oligodendroglialen Tumoren zeigen diese Deletion
unabhängig vom Alter der Patienten. Die Hypermethylierungen sind häufiger bei
Patienten mit Deletion.
Caincross et al. (J. Natl
Cancer Inst. 1998) untersuchten 39 Patienten mit Oligodendrogliomen. Fälle mit 1p
und 19q – Deletion hatten eine höhere Chemosensitivität und ein höheres
rückfallfreies Überleben. Anaplastischen und niedrig gradige Oligodendrogliome
mit 1p und 19q – Verlust hatten ein
5-jahres Überleben von 80% bzw. 90 %.
Nicht geklärt ist, ob der
Einsatz alkylierender Substanzen bei normaler MGNT – Funktion sinnvoll ist oder eine Dosiseskalation der
alkylierenden Substanzen erfolgen sollte.
2.2. Offene Studien der UNI – Klinik Mannheim zur adjuvanten Therapie
des Magen-karzinoms , DER - Test: OÄ
Borschke
1. Magenkarzinom:
Der Stellenwert der adjuvante Therapie des Magenkarzinoms Gegenstand
heftiger Debatten.
Eine Metaanalyse von Gianni 2001 zeigte sich ein besseres Überleben
nach postoperativer Chemotherapie (gepoolte Odds ratio 0,72; 95%
Konfidenzintervall: 0,62 – 0,84). Eine italienische Arbeitsgruppe erzielte mit
einer adjuvanten EAP – Therapie (Etoposid, Adriamycin, Cisplatin) eine geringe,
statistisch nicht signifikante Besserung des krankheitsfreien und des
Gesamtüberlebens. Auch in der Studie von Nashimoto 2003 wurde eine geringe,
statistisch aber ebenfalls nicht signifikante Besserung des Gesamtüberlebens
beobachtet. Eine Intergroup - Studie (MacDonalds 2001) ergab bei adjuvanter
Radiochemotherapie ein medianes Überleben von 36 Monaten verglichen mit 27
Monaten bei alleiniger Operation. Diese Studie wird wegen suboptimaler
Chirurgie stark kritisiert. Aus dieser Übersicht ist zu entnehmen, dass es eine
allgemein anerkannte adjuvante Therapie beim Magenkarzinom zur Zeit nicht gibt.
Die Universitätsklinik Mannheim
führt z. Z. eine offene,
oligozentrische Phase I/II Studie zur Optimierung der adjuvanten Therapie des Magenkarzinoms durch.
Einschlusskriterien: histologisch gesichertes subtotal reseziertes
Adenokarzinom des Magens oder des ösophagogastralen Überganges, pT3/4 pN0 M0/
pN1 – 4, N1 – 3 M0 R0 oder R1 ) Beginn: 03/2004
Abschluss: 10/2006
Studienziele:
Primär: Ermittlung der maximal tolerablen Dosis von Capecitabin und Oxaliplatin in Kombination mit lokaler Bestrahlung des
Tumorbettes, die Ermittlung der dosislimitierenden Toxizitäten und Festlegung
einer Dosis für Phase I - und II - Prüfungen.
Sekundär: Ermittlung der Rezidivraten und des
Gesamtüberlebens
Über die Mannheimer
adjuvante Rektumstudie wurde vor 4 Jahren bereits
berichtet (http://www.bahnsen.de/jens/onkkoll/P020515.htm). Die Studie wurde
jetzt um 2 praeoperative Arme erweitert. In dieser Studie wird 5 - FU in der Kombination mit Strahlentherapie des pelvinen Lymphabflusses im
Stadium II und III vergleichen.
Studienziele: Es soll geprüft werden, ob die orale Chemotherapie mit Capecitabin im Vergleich zum Standardbolus mit 5 - FU bei
Patienten mit lokal fortgeschrittenem Karzinomen ein vergleichbares
Gesamtüberleben und krankheitsfreies Überleben nach 3 bzw. 5 Jahren mit
tolerablen Toxizität erzielen kann.
2.DER - Test: (Drug Extrem Resistenz)
Dieser Test ist in seiner Art neu, wurde im Kongress vorgestellt. Man
kann einen Laboruntersuchung am lebendem Tumorgewebe, Pleuraerguss oder Ascites
durchführen und die Wirksamkeit bzw. Nichtwirksamkeit der Substanzen (
Chemotherapeutika) identifizieren.
Diese Substanzen werden dann in „low – resistent“, „medial“ und „extrem
resistent“ eingeteilt. Der Test wird von der Fa. Therapie Select in Heidelberg
durchgeführt. Das Kostenübernahmeverfahren der Krankenkassen ist eingeleitet
aber noch nicht bewilligt. Selbstzahler müssen ca. 1500,00 Euro ausgeben.
Abschließende Diskussion: Dr. Bock fragt, ob eine Capecitabin - Behandlung
bei gastrektomierten Patenten durchführbar ist? Antwort: Bei subtotaler Gastrektomie keine Probleme.
3. Fallvorstellungen:
vorgestellt von:
3.1. S., B., *
11.09.1947, G064 Frau OÄ Dr. Müller, Innere I
Diagnose: Metastasiertes malignes
fibröses Histiozytom
01/05 Entfernung des
infragenualen Tumors links, Histologie: malignes fibröses Histiozytom,
Malignitätsgrad II pT1b N0 M0
02/02 Kompartmentresektion
und myofascialer Schwenklappenoperation, Kein Resttumor der Histologie; 04-
05/05 Radiotherapie des Tumorbettes bis 50 Gy, Boost 10 Gy,
11/05 diffuse
pulmonalen Metastasierung bds..
12/05 Keilresektion der Segmente S3, S6, S8: Metastasen des
Histiozytoms
seit 01/06 Doxorubicin,
Ifosphamid bis jetzt 3 Zyklen.
29.03.06 CT- Thorax:
intrapulonalen Rundherde unverändert im Vergleich zur Voruntersuchung
Sitzung des Brustzentrums
Altmark, 12.04.06 in der Radioonkologie
1. S., V., * 19.11.1939 vorgestellt von OA. Dr.
Szmaglinski, Altmarkklinikum gGmbH,
Multizentrisches Mamma – Ca. links
ausgedehnte Operation
2. E., D., * 01.12.1943
Primär durch Tastbefund
entdeckt. Mammographie BIRADS 5. Sonographie BIRADS 5. Histologische Abklärung
am 06.04.06 durch Stanzbiopsie. Histologisch: invasiv – duktales Karzinom links
G2. Primär multizentrisches Mammakarzinom, daher Empfehlung einer Ablatio mammae
+ Axilladissektion.
3. W., L., 08.07.1940
Klinisch durch Tastbefund aufgefallen.
Mammographisch BIRADS 4. Sonographisch BIRADS
4. Histologische
Abklärung am 06.04.06. Histologisch: invasiv – duktales Karzinom mit adenoider
Differenzierung. Zusätzlich eine offene Biopsie am 11.04.06 2 x rechts. Bei
dieser Patientin soll primär eine Chemotherapie im Rahmen der
Gepar – Quattro Studie erfolgen.
Dr. med. D. Borschke
Oberärztin Radioonkologie